Reinhard Karger
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adorno
     
ein Konzert
 
Michaela Ehinger_Stimme
Marcel Daemgen_Elektronik
Reinhard Karger_Stimme
Christoph Korn_Gitarre
Wolfgang Stryi_Bassklarinette/Saxophon
   
 
Frankfurt/Main 2003 
 
 
 

 

 
 


 

 
     
     
  PRESSE  
     
Frankfurter Rundschau, 15.Dezember 2003
 
 
 
Zärtlicher Adorno
Ein überraschend privates Konzert im Frankfurter Mousonturm

von Tim Gorbauch

Ein bisschen Rauch liegt über der Bühne, der sich allmählich verflüchtigt. Drei, vier Bücher liegen verstreut auf der Bühne, ein Band der Gesammelten Schriften unter anderem, auch der Briefwechsel mit Thomas Mann, und deuten Privatheit an. Michaela Ehinger wird es sich später neben ihnen gemütlich machen, sich auf den Rücken legen, die Beine verschränken und daraus laut, aber doch fast mehr für sich vorlesen: "Wer denkt, ist in aller Kritik nicht wütend. Denken hat die Wut sublimiert. Weil der Denkende es sich nicht antun muss, will er es auch den anderen nicht antun. Das Glück, das im Auge des Denkenden aufgeht, ist das Glück der Menschheit."

Über Resignation heißt der Vortrag, aus dem Ehinger da zitiert. Gehalten hat ihn Adorno im Februar 1969, als er die Definitionsmacht über die Linke längst verloren hatte und Studenten die sublimierte Wut öffentlich verhöhnten. Mit trotziger Melancholie hielt ihnen Adorno sein Weltbild entgegen, das die Straße als Ort des Protests und des Widerstands nicht kannte. Im Elfenbeinturm des Denkens war Adorno Zuhause. Nicht weil er Veränderung nicht wollte, sondern weil er die Macht der Theorie höher einschätzte als die der Praxis.

Privat bleibt auch "Adorno. Ein Konzert" von der um Wolfgang Stryi und Reinhard Karger erweiterten Künstlergruppe TEXTxtnd. Oft wird es still im Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm, manchmal strahlt die Bühne sogar in warmem Rot. Die zärtliche, von Sympathie getragene Melancholie, mit der das Quintett Adorno musikalisiert, ist auch deshalb so überraschend, weil Christoph Korn und Marcel Daemgen als musikalisches Zentrum von TEXTxtnd das Brachiale sonst nicht scheuen. Zwar ist die klangliche Forcierung, von der noch das im vergangenen Jahr uraufgeführte Marx-Projekt gekennzeichnet war, in Abschnitten noch spürbar, tritt aber doch entscheidend in den Hintergrund.

Schon der Beginn führt gleichsam auf die Urgründe der Menschheit. Ein endlos tiefes Pochen der Elektronik (Marcel Daemgen), dazu ein paar vereinzelt in den Raum geworfene Gitarrenakkorde Christoph Korns und die kaum benennbare, eher an menschliche Laute als an Töne erinnernde Arbeit Wolfgang Stryis an der Kontrabassklarinette grundieren das Stück.
Die Musikalisierung Adornos bleibt auch danach abseits gängiger Genrezuordnungen, öffnet sich manchmal dem Minimal House, spielt mit zum Teil von Adorno selbst, zum Teil von Ehinger und Karger vorgetragenen Textfetzen wie mit Loops und Samples, während Korn mit verzerrter, agitierter Stimme immer wieder eine imaginäre Sitzordnung vorstellt.
Dort sitzt Immanuel Kant neben Matthias Beltz und Alfred 23 Harth zwischen Augustinus und Thomas von Aquin. Wenn das mal gut geht ...

 

 
     
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